„Haben Sie schon mal an Selbstmord gedacht?“
„Hat Ihre Sucht körperliche oder/und geistige Schäden verursacht?“
Oder „Wie hat Ihre Familie auf Ihre Abhängigkeit reagiert?“
Fragen – sehr persönlich und hart am Limit, dennoch ehrlich und detailliert von Monika und Karl-Heinz beantwortet. Beide sind Mitglieder der Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker Pforzheim und haben einige Klassen der Alfons-Kern-Schule besucht. Darunter auch die des Berufseinstiegsjahrs (BEJ), Richtung Farbe, und zwar im Rahmen des in diesem Schuljahr eingeführten Unterrichtsfach „Sozialkompetenz“.
Monika und Karl-Heinz gehen in Schulen, Betriebe oder auch in die Jugendstrafanstalt, um von ihrer Sucht und ihren Erfahrungen zu berichten – ohne den Zeigefinger warnend zu erheben!
Das brauchten sie auch nicht, denn die Erlebnisse, von denen sie authentisch berichteten, löste bei ihren jungen Zuhörern Betroffenheit aus.
Den ersten Kontakt mit Alkohol hatten Monika und Karl-Heinz mit vierzehn Jahren und stellten schon da fest, dass bei ihnen kein Halten war, keine Kontrolle der Trinkmenge.
Es ist, wie wenn man ein vollgetanktes Auto fährt, das keine Bremsen hat und leer gefahren oder gegen einen Baum gesetzt wird“, so die Beschreibung von Karl-Heinz.
Es sei ihnen immer schwer gefallen zu artikulieren „wo €™s bei mir klemmt. Ich habe Probleme weggesoffen, die sind mehr geworden, aber ich habe sie nicht mehr gesehen.“ Karl-Heinz sieht darin den Grund für €™s Abrutschen in die Sucht.
Gesunde könnten es sich nicht vorstellen, wie das sei: Man muss trinken, der eigene Wille spiele keine Rolle mehr.
Der erste Schritt von der Abhängigkeit wegzukommen, beginnt im Kopf durch das Bekenntnis Alkoholiker zu sein und dem festen Willen, von der Sucht loszukommen. Die Entziehung erfolgt – je nach Typ – in einer Klinik oder auch allein zu Haus mit ärztlicher Betreuung. Aber allein dieser erste Schritt wird tausend Mal versucht, dann aber kommt ein „Schnell noch einen, dann hör ich auf“-Gedanke und der Teufelskreis beginnt von Neuem.
In der Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker verdrängt das Zusammensein, das gemeinsame Gespräch den „Saufdruck“. Jeder hier erzählt seine Geschichte, zeigt, wie er sich von der Sucht gelöst hat. Im Austausch erfährt man Alternativen, so dass jeder sich überlegen kann, welcher Weg für ihn der richtige sein könnte. Außerdem lernt man, eigene Wünsche mitzuteilen, die anstehenden Probleme in Worte zu fassen.
Soziale Netze, die auffangen und halten, entstehen: Ein Umzug in eine andere Stadt macht kein Problem. Die Anonymen Alkoholiker sind schon dort und bieten Ansprechpartner.
Alkoholiker denken im 24-Stunden-Rhythmus, erklärt Monika. Nur der gegenwärtige Tag werde gestaltet und das ohne Alkohol. Man erlebe ein ganz neues Leben, sagt Karl-Heinz. Alles erscheine intensiver mit klarem Kopf, es gäbe keine Trugbilder mehr.
In der sich anschließenden Fragerunde kam auch das Thema „Komasaufen“ ins Gespräch: „Was kann ich machen, wenn mein Freund zu viel trinkt?“ oder „Kann man vom Kiffen auch so abhängig werden wie vom Alk?“
Das in dieser kurzen Zeit entstandene Vertrauen zwischen den Schülern der BEJ-Klasse, Monika und Karl-Heinz ließ einen regen Austausch folgen, in dem die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen erzählten oder zu Fragen die Ansicht der beiden Erwachsenen einholten – zwei Schulstunden, die einfach „supi“ waren.